Gendergerechte Sprache (2018-10-20)
Um eines einmal gleich vorweg zu nehmen: Ich bin nicht gegen Gleichberechtigung, im Gegenteil, das ist für mich etwas ganz Selbstverständliches, dass jeder Mensch die gleichen Rechte hat. Aber manchmal treibt die Gleichberechtigung schon seltsame Blüten. Zum Beispiel, wenn irgendwo festgeschrieben ist, dass die Gleichstellungsbeauftragte zwingend weiblich sein muss. Oder wenn versucht wird, Texte gendergerecht zu formulieren. Und darum soll es in diesem Text gehen.
Das Problem: Die vorhandenen Lösungen
In Deutschland gibt es, wie woanders auch, Männlein und Weiblein. Und für beide
gibt es entsprechende Begriffe bei Berufen und sonstigem, z.B. "der Arbeiter"
und "die Arbeiterin". Früher wurde einfach der sogenannte "generische Maskulin"
verwendet, wenn von einer Gruppe oder einem unbestimmten Geschlecht die Rede war,
also wurden mit "die Arbeiter" Männer und Frauen zusammen benannt. So etwas ist
heute nicht mehr politisch korrekt, es wurden verschiedene verschiedene
Schreibweisen eingeführt, die ausdrücklich auch die weibliche Möglichkeit
mit einschlossen. Allen ist eigentlich gemeinsam, dass sie den Text schwerer
lesbar machen und wie eine Vergewaltigung der Sprache wirken. Auch die
vorangestellten Sätze wie "Aus Gründen der Lesbarkeit verwende ich lediglich
die männliche Form." sind auch eher eine gruselige Hilfslösung.
Stellt sich also die Frage, wie man denn eine gendergerechte Sprache hinbekommt,
die den Text lesbar lässt und niemanden benachteiligt.
Weitere Probleme
Aber halt, das ist ja noch nicht einmal alles an Problemen. Momentan beschäftigen
wir uns hauptsächlich mit der Schriftsprache, aber das gleiche Problem gibt es
natürlich auch im gesprochenem Wort. Kennt ihr noch "Das Leben des Brian"? Da
gibt es eine Szene, in der jemand von der Volksfront von Judäa (oder war es die
judäische Volksfront?) eine Rede hält und ein Mitglied der Gruppe immer
dazwischen redet und den Text um die weibliche Form ergänzt. Im Film ganz witzig,
wenn man das aber im richtigen Leben so konsequent durchzieht, sind die Zuhörer
wahrscheinlich sehr schnell genervt.
Und dann ist es gerade vor einiger Zeit aufgefallen, dass es ja nicht nur Männer
und Frauen gibt, sondern auch noch einiges dazwischen, bzw. daneben. Für diese
Menschen wird jetzt in einigen Formularen neben Ankreuzfeldern für "männlich"
und "weiblich" noch ein drittes mit "sonstiges" oder "anderes" eingebaut. Ich weiß
ja nicht, wie ihr das seht, aber für mich klingt "sonstiges" oder "andere" auch
eher abwertend. Also auch keine glückliche Lösung.
Die Lösung: Geschlechtsneutrale Sprache
Alle vorhandenen Lösungen sind praktisch nur Workarounds um unsere männlich dominierte
Sprache herum. Was wir benötigen, wäre eine geschlechtsneutrale Sprache, die
weder "die" noch "der" kennt. Klingt an den Haaren herbeigezogen? Mitnichten, so
etwas gibt es wirklich, spontan fällt mir da Englisch ein, dort gibt es nur einen
Artikel.
Das ein ganzes Volk die Sprache wechselt ist natürlich eher schwierig und unrealistisch.
Alternativ könnten wir aber auch die deutsche Sprache ein wenig kastrieren und z.B. "das"
als einzigen Artikel für Einzahl festlegen und "die" nur noch für Mehrzahl benutzen.
Dann gäbe es für Einzahl halt "das Arbeiter", bzw. "das männliche Arbeiter" und "das
weibliche Arbeiter" und für Mehrzahl "die Arbeiter". Das würde das Erlernen der
deutschen Sprache auch massiv vereinfachen! Und bei den ganzen Rechtschreibänderungen
der letzten Jahre finde ich den Einschnitt auch nicht mal mehr besonders groß.
Ihr glaubt, so etwas kommt nicht? Ich sage nur: "Abwarten..." ;-)